TCRH Tierärztetag 2024: Internationales Interesse an den ASP-Einsätzen in Hessen und Baden-Württemberg
Anfang November trafen sich über 60 Tierärzte und weitere Vertreter von Ministerien bzw. tierseuchenbekämpfenden Behörden im TCRH Training Center Retten und Helfen in Mosbach zum jährlich stattfindenden Tierärztetag. Dieses Jahr lag der Fokus auf dem aktuellen Seuchengeschehen in Hessen und Baden-Württemberg und den dortigen Einsätzen des TCRH.
Überregionales und internationales Interesse
Neben Vertretern der betroffenen Landkreise in Hessen und Baden-Württemberg waren auch viele Veterinärbehörden anderer Kreise im Land, sowie Vertreter aus Schleswig-Holstein, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Bayern dabei. Besonders gefreut hat uns das Interesse der tierseuchenbekämpfenden Behörden aus Österreich, der Schweiz und den Niederlanden, die den weiten Weg nach Mosbach auf sich genommen haben.
MLR Baden-Württemberg und HMLU Hessen vertreten
Zu Beginn begrüßte Projektleiter und BRH-Präsident Jürgen Schart die Vertreter der zuständigen Ministerien, Dr. Roman Koster (Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat) sowie Knut Tropf und Jörg Ziegler vom baden-württembergischen Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) und Dr. Hans-Peter Sporleder vom ASP-Kompetenzteam des Landes Baden-Württemberg.
Knut Tropf überbrachte die Grüße von Minister Peter Hauk und Ministerialdirektorin Isabel Kling und ging kurz auf die ASP-Situation in Baden-Württemberg ein, die sich zum Glück nach wie vor auf das eine positive Wildschwein in Hemsbach beschränkt.
ASP-Kadaversuche Baden-Württemberg im Zeitplan
Projektkoordinatorin Dr. Christina Jehle gab danach den Teilnehmern einen Überblick über den aktuellen Projektstand, Grundzüge der Ausbildungsmethodik und den Service des TCRH für Behörden im Seuchenfall.
Seit Projektbeginn im Sommer 2021 wurden im TCRH Mosbach über 220 Mensch-Hund-Teams und gut 70 Drohnenpiloten für die Kadaversuche ausgebildet. Neben der Hundeausbildung werden die Teams auch in Suchtaktik und den Einsatzabläufen geschult und geprüft.
Im Seuchenfall liefert das TCRH den Behörden ein Komplettpakt, das den gesamten Bereich „Suche“ mit Fachberatern und Suchteams (Mensch-Hund und Drohne) abdeckt. Gerade zu Beginn des Seuchenausbruchs ist es wichtig, zeitnah das Seuchengeschehen einzugrenzen, damit Restriktionszonen ausgewiesen werden können und mit dem Zaunbau begonnen werden kann. Das wird durch die kurze sehr Reaktionszeit der TCRH Einsatzkräfte, die große Anzahl an Suchteams und die gezielte Suche an Prädilektionsstellen erreicht. Im weiteren Verlauf der Seuche geht man in die systematische Fallwildsuche über, mit dem Ziel möglichst alle infizierten Kadaver zu finden und zu entfernen.
ASP-Bekämpfung in Hessen – erläutert durch den Leiter des ASP-Krisenstabes Hessen, Dr. Roman Koster
Was nach dem ASP-Ausbruch alles auf die Behörden zukommt, stellte Dr. Roman Koster, der Operative Leiter des Führungsstabs „ASP – Afrikanische Schweinepest“ im HMLU in Wiesbaden vor. Anhand der Lagekarten zeichnete er den Teilnehmern ein eindrückliches Bild der Seuchendynamik und der Stabsarbeit seit dem ersten positiven ASP-Fund Mitte Juni auf.
Er wies auf die große Unterstützung durch das TCRH hin, das gleich zu Beginn des Ausbruchs mit der Übernahme des Bereichs „Suche“ beauftragt wurde und damit die eigenen Ressourcen des Krisenstabs und der Landkreise deutlich entlastet hat.
Er betonte die sehr gute Zusammenarbeit mit dem TCRH im Krisenstab, im Austausch mit den betroffenen Landkreisen und der Jägerschaft, sowie in der Planung und dem täglichen Suchgeschehen.
Denn die Kadaversuche ist nur ein Aspekt von vielen, der in der ASP-Bekämpfung relevant ist. Dr. Koster schilderte die enormen Belastungen, die quasi über Nacht auf die verantwortlichen Mitarbeiter der Behörden zusätzlich zur normalen Arbeit dazugekommen sind. Er berichtete über die Herausforderungen beim Bau von Elektro- und festen Zäunen, beim Einsatz von Saufängen sowie über das Management der ASP-Ausbrüche in den Hausschweinbeständen und die gute Zusammenarbeit mit den Expertinnen des FLI (Friedrich-Löffler-Instituts). Weiterhin hob er die stets gute Zusammenarbeit zwischen Hessen und Baden-Württemberg bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung der Tierseuche hin.
Nach fast fünf Monaten Afrikanische Schweinepest in Hessen ist etwas Routine in der Seuchenbekämpfung eingekehrt und der Krisenstab konnte inzwischen etwas verkleinert werden. Die ersten Festzäune stehen und die Maßnahmen in den Restriktionszonen können stückweise auf die aktuelle Lage angepasst werden. Dennoch ist der Kampf gegen die ASP mit einem Marathon zu vergleichen, der die Betroffenen und Zuständigen auch noch viele weitere Monate beschäftigen wird.
ASP-Seuchenbekämpfung ist sehr personalaufwändig
Als nächstes stellte Projektleiter Jürgen Schart die Erfahrungen des TCRH nach nunmehr fast 150 Einsatztagen in Hessen und Baden-Württemberg vor.
Stand 07.11.2024 wurden seit Juni in Hessen und Baden-Württemberg ca. 75.000 ha mit Hunden und über 80.700 ha mit Drohnen abgesucht. Dabei wurden gut 1555 Kadaver, -teile und Knochen gefunden und beprobt, von denen 358 ASP-positiv waren.
Seine Kernaussage dabei lautet: Kadaversuche ist extrem personalaufwändig – hinter den 150 Einsatztagen stehen fast 3.900 Personentage allein in der Suche!
Daher wäre es sehr zu begrüßen, wenn die Einsatzkräfte für ihre Unterstützung der staatlichen Tierseuchenbekämpfung von ihren Arbeitgebern freigestellt werden würden.
Denn die Arbeit der Suchteams ist kein entspannter Waldspaziergang. In den ersten Wochen wurde der Sucheinsatz durch hohe Temperaturen, schwieriges, dicht bewachsenes, teils feuchtes Gelände und extremen Stechmückenbefall erschwert. Die Witterung in Herbst und Winter stellt die Einsatzabschnittsleitung und die Teams vor neue Herausforderungen.
Schart erklärte das Vorgehen der Teams bei der Suche mit Hunden und Wärmebilddrohnen und die Übermittlung der Fundkoordinaten an die örtlichen Behörden. Durch die Bereitstellung von geländegängigen Fahrzeugen können die Behörden bei Bedarf auch bei der Kadaverbergung unterstützt werden.
Der enge und vertrauensvolle Austausch mit den Behörden ist die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Seuchenbekämpfung. Dabei ist die regelmäßige Kommunikation über die aktuell erforderlichen Suchmaßnahmen unter Berücksichtigung der Seuchendynamik ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit. Abgerundet wird der Service des TCRH durch die Administration und Abrechnung mit den Einsatzkräften und im Anschluss mit den Behörden – ein Aufwand der bei dieser hohen Anzahl von Einsatzkräften erheblich ist.
ASP-Kompetenzteam des landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg koordiniert zentral
Nach der Mittagspause stellte Dr. Hans-Peter Sporleder die Arbeit des ASP-Kompetenzteams vor. Dieses interdisziplinäre Team aus Tierärzten, Biologen und Förstern wurde bereits vor einigen Jahren vom MLR ins Leben gerufen, um die Maßnahmen bei einem ASP-Ausbruch auszuarbeiten und vorzubereiten. Das Team umfasst mittlerweile nur noch ihn als Tierarzt und die Biologin Coralie Herbst. Die gute Vorarbeit machte sich aber beim aktuellen Ausbruch bezahlt, konnte man doch auf einen umfangreichen Handlungsleitfaden zurückgreifen und die betroffenen Behörden bei der Umsetzung der Maßnahmen (Allgemeinverfügung, jagdliche Aktivitäten, Zaunbau etc.) unterstützen.
Dr. Sporleder betonte die gute Zusammenarbeit mit dem hessischen Krisenstab, da es sich beim aktuellen Ausbruch um EIN zusammenhängendes Seuchengeschehen handelt, dessen Bekämpfung über die Ländergrenzen hinweg das gemeinsame Ziel aller Beteiligten ist. So werden z.B. jagdliche Regelungen der Allgemeinverfügungen länderübergreifend abgestimmt und auch der Zaunbau geht nahtlos ineinander über. Anhand von Karten machte Dr. Sporleder deutlich, wie wichtig es ist, mit gezieltem Zaunbau das Seuchengebiet in Kompartimente zu unterteilen und damit die Migration des Schwarzwildes und die Ausbreitung der Seuche einzuschränken. Die Barriere durch feste Zäune ermöglicht im weiteren Seuchenverlauf dann auch die Entnahme des verbliebenen Schwarzwildes durch gezielte Bejagung. Außerhalb der Sperrzone II ist eine deutliche Reduktion des Schwarzwildbestandes (durch intensive Bejagung bzw. den Einsatz von Saufängen) ein wichtiger Schutzmechanismus vor der Ausbreitung der ASP.
Praktische Einsichten in Ausbildungsprogramm und technische Ortung
Im Anschluss daran hatten die Teilnehmer Gelegenheit, sich auf dem weitläufigen TCRH Gelände einen Eindruck über die Ausbildung der Kadaversuchhunde sowie den Einsatz von Drohnen zu machen. Ausbildungsleiter Kai Uwe Gries stellte mit seinem Team und den aktuellen Lehrgangsteilnehmern die verschiedenen Ausbildungsmethoden und Anzeigearten (Verbellen oder Bringseln) vor.
Thomas Kälber, Leiter des Bereichs Technische Ortung, demonstrierte den Teilnehmern den Einsatz und die Leistung von Wärmebilddrohnen bei der Kadaversuche.
Bei der Abschlussbesprechung äußerten sich die Teilnehmer sehr positiv über die Veranstaltung und nahmen viele Erkenntnisse und neue Anregungen mit nach Hause.
Der nächste Tierärztetag findet Mitte 2025 im TCRH statt. Bereits im Februar 2025 ist in Dortmund ein Treffen der Verantwortlichen für die ASP-Kadaversuche aus ganz Deutschland geplant.
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