Zusammenfassung
Diagnostik und Therapie im taktischen Umfeld: TREMA-Tage im TCRH Mosbach
TREMA: Tactical Rescue & Emergency Medicine Association e.V.
Die Tactical Rescue & Emergency Medicine Association e. V. (TREMA) ist die deutsche Fachgesellschaft für Notfallmedizin in besonderen Lagen. Die TREMA veranstaltet jährlich ein Treffen, das einerseits als Jahreshauptversammlung und andererseits zur internen Aus- und Weiterbildung dient. Seit mehreren Jahren finden diese TREMA-Tage im TCRH Mosbach statt.
Ein Grund, etwas zum Thema “Taktische Medizin” zu erläutern.
Definition
Als taktische Medizin werden medizinische Maßnahmen (Diagnostik und Therapie) in einem taktischen Umfeld bezeichnet. Darunter versteht man die Versorgung von Verwundeten unter Gefechtsbedingungen oder in besonderen Einsatzlagen, beispielsweise bei Terroranschlägen. Die taktische Medizin ist somit ein Teilgebiet der Notfallmedizin, wobei penetrierende Verletzungen und Verbrennungen infolge des Einsatzes von Schuss-, Stich- und Sprengwaffen überproportional häufig auftreten.
Historie
Die taktische Medizin entstand aus der Militärmedizin und der Feldchirurgie. In den 1990er-Jahren wurde das amerikanische Konzept Tactical Combat Casualty Care (TCCC) entwickelt, das einen strukturierten Ansatz zur Versorgung von Verwundeten im Gefecht darstellt. Später entstand daraus das Tactical Emergency Casualty Care (TECC), das an die Bedürfnisse ziviler Einsatzkräfte wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste oder Personenschützer angepasst wurde.
TCCC (Tactical Combat Casualty Care)
- Ursprünglich für das Militär entwickelt, speziell für die Versorgung von Soldaten im Gefecht.
- Fokus auf die Versorgung von Verwundeten unter Kampfbedingungen, z. B. auf dem Gefechtsfeld im Auslandseinsatz (Irak, Afghanistan).
- Die Leitlinien beruhen auf militärischen Erfahrungen und zielen darauf ab, die Überlebensraten von Soldaten durch evidenzbasierte Sofortmaßnahmen zu verbessern.
TECC (Tactical Emergency Casualty Care)
- Entwickelt als zivile Adaption der militärischen TCCC-Leitlinien für den Einsatz in taktischen Notfallsituationen wie Terrorlagen, Amokläufen oder Großschadensereignissen.
- Zielgruppe sind Polizei, Feuerwehr, Personenschützer, zivile Rettungsdienste und andere zivile Einsatzkräfte.
- Die TECC-Leitlinien berücksichtigen zivilrechtliche und organisatorische Besonderheiten, die bei Einsätzen in urbanen oder zivilen Kontexten relevant sind.
- TECC umfasst in der Ausbildung auch das Retten aus der Gefahrenzone, das Atemwegsmanagement, die Blutstillung und die Evakuierung, die an unterschiedliche zivile Einsatzlagen angepasst sind.
- TECC-Kurse basieren auf einer Mischung der Prinzipien von PHTLS (Prehospital Trauma Life Support) und TCCC, erweitert um zivile Anforderungen und Empfehlungen, wie sie im „Hartford Consensus Document” aufgeführt sind.
Abgrenzung
Im Gegensatz zur zivilen Notfallmedizin ist die Versorgung von Verwundeten in der taktischen Medizin oft nicht die primäre Aufgabe der eingesetzten Einheiten. Daher muss deren Versorgung in den Kontext der militärischen oder polizeilichen Aufgabenerfüllung eingebunden werden. Während im zivilen Bereich verhältnismäßig schnell Kräfte nachgefordert werden können, erschöpfen sich medizinische Ressourcen im taktischen Einsatz rasch. Es kann zu einem länger anhaltenden Missverhältnis zwischen der Anzahl der medizinischen Helfer und der Anzahl der Verwundeten kommen.
Zudem kann sich durch die akute Lage die Indikationsstellung medizinischer Maßnahmen verändern, was ein Abweichen von Leitlinien der zivilen Notfallmedizin bedeutet. Erschwerend zum Einsatzgeschehen kommt hinzu, dass während der Versorgung oftmals keine hygienisch reinen Bedingungen geschaffen werden können. Das Arbeiten sollte unter Einhaltung von Licht- und Geräuschdisziplin erfolgen, doch in der Regel kann die Sicherheit der Einsatzstelle nicht garantiert werden. Zudem kann es zu langen präklinischen Versorgungs- und Transportzeiten kommen.
Insgesamt ist die taktische Medizin also ein praxisorientiertes, interdisziplinäres Fachgebiet an der Schnittstelle von Notfallmedizin, Einsatztaktik und Krisenmanagement. Sie dient dem Ziel, Leben zu retten, wo der klassische Rettungsdienst an seine Grenzen stößt.
Anwendungsgebiete
Die taktische Medizin wird sowohl militärisch als auch zivil angewendet:
- bei militärischen Einsätzen (z. B. Bundeswehr, Bundesheer),
- bei Einsätzen von Polizei, Spezialeinheiten (SEK, MEK), Feuerwehr und Zoll.
- in zivilen Krisenlagen und Katastrophen, etwa bei Terroranschlägen oder Großunfällen.
Phasen
Die taktische Medizin lässt sich in drei Versorgungsbereiche unterteilen:
- Care Under Fire: Versorgung am Ort der Verwundung
- Tactical Field Care: Versorgung des Verwundeten in Deckung
- Tactical Evacuation Care: Versorgung während der Evakuierung des Verwundeten.
In der taktischen Medizin kommt das sogenannte IFAK (Individual First Aid Kit) zum Einsatz.
Ausbildung und Weiterbildung
Die Ausbildung in taktischer Medizin erfolgt meist in speziellen Kursen, wie TCCC- oder TECC-Zertifizierungen. Teilnehmende aus den Bereichen Rettungsdienst, Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr sowie privaten Sicherheits- und Schutzdiensten lernen dort, lebensrettende Maßnahmen unter taktischen Bedingungen umzusetzen.
Literatur
- Neitzel / Ladehof (Hrsg.): Taktische Medizin – Notfallmedizin und Einsatzmedizin, Handbuch, Buch. Hardcover, 3. Auflage. 2024, XXXIV, 892 S. mit 317 Abbildungen, 298 Abbildungen in Farbe., Springer. ISBN 978-3-662-63452-3
- Hauer T., Ladehof K., Münzberg M. (2016). Taktische Verwundetenversorgung. In: Präklinisches Traumamanagement: Prehospital Trauma Life Support (PHTLS). National Association of Emergency Medical Technicians (NAEMT). 3.Auflage. München: Urban & Fischer Verlag / Elsevier, S.633, S.636
Quellen
Siehe auch
Ähnliche Beiträge